Joval und Würfel: Würfel und Joval auf Erden | Kommeltechnik |
Mit diesen Feinheiten sind wir oft konfrontiert, wenn wir an Wasserhähnen und an Schrauben drehen, besonders, wenn wir sie von einer ungewohnten Seite anpacken, und ähnlich verhält es sich auch mit den jovianischen Himmelsrichtungen.
Wie wir wissen, befindet sich der Jupolis-Archipel[1] im Auge eines beständigen Wirbelsturms, und dieser bewegt sich rechtsdrehend – aber nur von oben betrachtet. Will sagen: Wenn man von oben, also von außerhalb des Jupiters, draufgucken würde (und den Sturm erkennen könnte, was nicht der Fall ist, da er von anderen atmospärischen Schichten überlagert ist), dann würde man eine Drehung im UZS sehen.
Auch wenn man den Wirbelsturm von innen sieht, nimmt man eine Rechtsdrehung wahr: Die Weiße Wolkenwand (WWW) bewegt sich eindeutig von links nach rechts. Zumindest in Blickrichtung: Hinter unserem Rücken nämlich bewegt sie sich von rechts nach links! Und auch wenn man außerhalb des Wirbelsturms stünde, würde man ihn als linksdrehend wahrnehmen, seine Bewegung wäre eine von rechts nach links. Es wäre zwar weiterhin eine Bewegung im UZS, wie wir sie nennen, aber in verschiedene Richtungen. Das lässt sich jederzeit mit einer Rolle Klebefilm o. dgl. nachweisen: Dreht man eine solche fortwährend im UZS, sieht man eine Rechtsdrehung – bis man sie (bei Weiterdrehung in dieselbe Richtung) umdreht. Nun bewegt sie sich plötzlich umgekehrt und gegen den UZS. Selbst eine transparente Uhr dreht sich gegen den UZS, wenn man sie von hinten betrachtet.
Die Sache wird auch nicht einfacher, wenn man den Begriff „rechtsdrehend“ durch „rechtläufig“ ersetzt. Als rechtläufig wird in der Astronomie ein Himmelskörper bezeichnet, wenn er sich, von außen gesehen mit dem Nordpol oben, von links nach rechts dreht. Betrachtet man ihn von oben, dreht er sich dabei gegen den UZS!
Von der Io aus betrachtet war alles in Bezug auf den Jupiter ganz einfach, man wusste, wo (angepasst an unsere Himmelsrichtungsbezeichnungen) dessen Norden war, wo sein Süden und welche Richtung Westen und welche Osten war.
Nun war man sich aber in der Zeit nach dem Großen Umzug[2] alles andere als einig, ob das alles jetzt – wo man sich genau gegenüber befand – noch genauso gelten würde wie zuvor von außen besehen, oder nicht vielmehr genau umgekehrt. Also ob weiterhin, wenn man Richtung Norden blickte, links der Westen sei und rechts der Osten, oder alles – eben wegen des sozusagen gegenteiligen Standpunkts – ganz anders herum.
Es dauerte Jahre (in Jupzeit gerechnet sogar Jahrzehnte), bis man sich schließlich auf nicht vier, sondern sechs Himmelsrichtungen einigte, nämlich Norden, Osten, Gegenwesten, Süden, Westen und Gegenosten. Wobei Osten und Gegenwesten sowie Westen und Gegenosten jeweils dasselbe sind. Die Richtungen ohne das „Gegen“ im Namen sind glücklicherweise da, wo auch wir sie platzieren würden, aber noch heute gibt es Jovianer, die ganz selbstverständlich nach Osten zeigen, wenn sie vom Westen reden. Bzw. umgekehrt – und gerade diese bei Jovianern sehr häufig fallende Redewendung „beziehungsweise umgekehrt“ geht auf die oben beschriebenen Umstände zurück.
Für den Jovianer ist es nun einmal schwerer als für uns, verbindliche Normen festzulegen. Zwar erleben auch wir auf der Erde, dass jemand „rechts“ sagt und „links“ meint (bzw. umgekehrt), dies aber meist aus Versehen und wider besseres Wissen. Die Regel „Rechts ist da, wo der Daumen links ist“ gilt weltweit und auch für Linkshänder. Aber mit Osten und Westen haben auch manche Menschen so ihre Schwierigkeiten und verwechseln sie häufig (was bei Norden und Süden merkwürdigerweise viel seltener der Fall ist).
Bei den Jovianern allerdings waren es keine Versehen, sondern eine Überzeugung, die auch nach der Einführung von Gegenosten und Gegenwesten nicht ganz aus der Welt war, da diejenigen, die die Richtungen so benannten, wie sie nun „Gegen…“ hießen, keineswegs einsehen wollten, dass sie einer „Gegen-“Ansicht waren. Es dauerte fast eine Generation, bis der Kompromiss einigermaßen akzeptiert war. Inzwischen aber werden die Leute immer seltener, die die Gegen-Begriffe benutzen. Irgendwann wird also auch der Jovi wieder bei vier Himmelsrichtungen angekommen sein.
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[1] ^ Der Jupolis-Archipel ist die Inselgruppe, innerhalb der sich die Stadt Jupolis befindet. Er ist das Thema von Band I.
[2] ^ Als „Großer Umzug“ wird die Umsiedlung der Jovianer von der Io auf den Jupiter bezeichnet.
Näheres s. Artikel Der Große Umzug in Band IV.