Band III

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Sprache, Schrift und Sporen:
Vergessene Schrift

Sollte tatsächlich ein Schreibgerät zur Verfügung stehen (etwa ein Umkehrstift[1]), schreibt der Jovi allerdings in einer Schrift, die nur er selbst – und vielleicht noch ein Familienangehöriger – lesen kann, und auch das nur für eine gewisse Zeit, sagen wir mal, ein paar Tage lang. Er kann zwar einem Fremden erklären, was das heißt, was er da geschrieben hat, und der wird es verstehen und wiederholt lesen können, aber ebenfalls höchstens für ein paar Tage. Dann ist die gerade angewandte Schrift wieder vergessen. Und es ist anzunehmen, dass auf diese Weise auch eine hochentwickelte gemeinsame Schrift dem kollektiven Vergessen zum Opfer gefallen ist – einfach weil sie nicht mehr gebraucht wurde.

Es wird auch eine Zeit kommen, da unsere Schriften, die gegenwärtig auf der Erde angewandten, kein Mensch mehr lesen kann, weil sie keiner mehr braucht. Schließlich ist nicht einzusehen, warum ausgerechnet die Schriften unseres Zeitalters nicht das Schicksal der sumerischen Keilschrift, der ägyptischen Hieroglyphen oder der Mayaschrift teilen sollten. Sicher wird es dann Spezialisten geben, die das ABC oder das Alif-ba-ta-tha zu knacken versuchen werden, so wie die Keilschrift- und Hieroglyphenknacker (an der Mayaschrift ist man noch nicht ganz so weit). Und bei uns werden sie auch einiges zum Knacken vorfinden. Bei den Jovianern hingegen ist so gut wie nichts mehr da an altem Textmaterial.
Außer – inzwischen – dem Dreijovi-Manuskript[2]. Ein sehr altes Schriftstück, das gewiss voller Botschaften ist – und für die Jovis doch nur noch eines darstellt: ein Rätsel. Nun waren Rätsel, beziehungsweise die Lösung derselben, bisher nur ein einziges Mal zum Volkssport geworden, nämlich während der Allzeit[3], und „Spezialisten“, wie wir sie kennen, bilden sich unter Jovianern nur selten heraus, also bleibt ein Rätsel ein Rätsel und man verwendet keine große Energie darauf, es zu lösen.
Und gerade mal eine einzige Familie in ganz Jupolis, bestehend aus wenigen Mitgliedern (derzeit drei), hat es geschafft, eine eigene Schrift über die Jahrhunderte hinweg zu pflegen und weiterzugeben: die Familienschrift derer von Altburg-Schmausenfeld[4]. Dieser Umstand allerdings ist für uns von größter Bedeutung, denn andernfalls wäre uns höchstens eine Momentaufnahme der jovianischen Zivilisation zugänglich, aber kein Blick in die Vergangenheit.

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[1] ^ Umkehrstifte werden v.a. für Skizzen verwendet. Der Umkehrstift schreibt, anders als der Vibrationsstift (der in der Farbe malt, auf deren Wellenlänge er eingestellt ist), stets in der Gegenfarbe zum Untergrund, also z. B. auf Weiß schwarz und auf Schwarz weiß.

[2] ^ Das Dreijovi-Manuskript ist ein uraltes, sehr rätselhaftes Schriftstück (s. Artikel Das Dreijovi-Manuskript in Band IV).

[3] ^ Die Allzeit war eine aus drei ineinandergreifenden Teil-Triebphasen[5] bestehende Epoche, in der sich die Jovianer mit dem Weltall, Erdphantasien und kulturellen Experimenten befassten. Näheres s. Artikel Allzeit in Band IV.

[4] ^ Familie von Altburg-Schmausenfeld: Die auf Alp von Altburg[6] und Hedi von Schmausenfeld[7] zurückgehende Familie, wohnhaft in der Alten Burg[8].

[5] Trieb- und Knirschphasen: Die kollektiven Stimmungsschwankungen der Jovianer.
Näheres s. Artikel Trieb- und Knirschphasen in Band II.

[6] Alp von Altburg, genannt Kapitän Alp: Leiter der Umsiedlung der Jovianer von der Io[11] auf den Jupiter (s. Artikel Artikel Der Große Umzug in Band IV), Begründer der Asservatenstube[10], Stiefvater von Surfan[12]

[7] Hedi von Schmausenfeld, zuvor von Schmauchenfels, zuvor von Fadland: zunächst Rosmars[13] Frau (s. Artikel Stadtchefzeit in Band IV), später Alps[6], Mutter von Surfan[12].

[8] Die „Alte Burg“ ist das Steingebäude auf dem Jupolis-Archipel[14], das noch von der Io[11] stammt und von Alp von Altburg[6] auf der Labsalinsel[15] neu aufgebaut wurde.
Näheres s. Seite Alte Burg in Artikel Labsalinsel in Band I.

[9] Die „Familienschrift“ ist die Schreibschrift derer von Altburg-Schmausenfeld[4], die einzige bekannte Schrift, die noch von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Näheres s. Seite Die Familienschrift in Band IV.

[10] Die Asservatenstube ist eine Sammlung von alten Skizzen, Notizen in Familienschrift[9] und „Antiquitäten“ in der Alten Burg[8], verwaltet von Mitgliedern der Familie von Altburg-Schmausenfeld[4] (s. Seite Die Asservatenstube in Band IV).

[11] Die Io, oft auch Heimat-, seltener Rumpelmond genannt, ist der innerste der vier größten, sog. Galileischen Monde des Jupiters. Von hier stammen die Jovianer ursprünglich.

[12] Surfan von Altburg-Schmausenfeld: Sohn von Hedi[7] und Rosmar[13], Stiefsohn von Alp[6], Vater von Labsalie[16], Entdecker des Surfbretts (s. Artikel Das Surfen in Band V), Entdeckungsreisender.

[13] Rosmar von Schmauchenfels: Erster und einziger Stadtchef von Jupolis (s. Artikel Stadtchefzeit in Band IV), damals noch Lebenspartner von Hedi[7], leiblicher Vater von Surfan[12].

[14] Der Jupolis-Archipel ist die Inselgruppe, innerhalb der sich die Stadt Jupolis befindet. Er ist das Thema von Band I.

[15] Die Labsalinsel ist die Insel im Südost/GW[17] des Jupolis-Archipels[14].
Näheres s. Artikel Labsalinsel in Band I.

[16] Labsalie von Altburg-Schmausenfeld: Tochter von Surfan[12] und einer Unbekannten, derzeitige Bewohnerin der Alten Burg[8] und Hüterin der Asservatenstube[10], zusammen mit ihren Zwillingstöchtern Drea und Doria. Der Name Labsalie wird auf dem zweiten a betont, und das e am Ende wird ausgesprochen, also so: Labsálië.

[17] GW = Gegenwesten (s. Artikel Die sechs Himmelsrichtungen hier in Band III).

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