Band II

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JOVIANER:
Wirkungskreis Kaff

Um seine so geartete Intelligenz am gewinnbringendsten einsetzen zu können, muss der Jovianer störende Einflüsse von sich abwehren. Reizüberflutungen brechen ohnehin auch ohne sein Zutun schon mehr als genug über ihn ein, siehe oben. Oberstes Gebot für einen gesunden, möglichst ausgeruhten Geist ist für ihn also, sich nicht zu vielen übrigen Eindrücken auszusetzen. Dies mag der Grund sein dafür, dass er früher auf der Io[1] dörflich lebte und genauso dafür, dass er es sich jetzt in der Großstadt Jupolis ebenso einrichtet.
Er reduziert seinen Horizont auf das Überschaubare und lebt in seinem Stadtteil, der nicht umsonst „Kaff[2]“ genannt wird, wie in einem Dorf. Da kennt er sich aus, und das genügt ihm. Hier hält er sein Haus sauber[3], insbesondere Fenster und Schwimmteller[4], hier kennt er seine Nachbarn und weiß, wer einen Dudel[5] im Haus hat oder Würfel[6] im Würfelhaus[7].
Indessen kümmert ihn die Lebensführung seiner Nachbarn reichlich wenig. Auch wenn er, wie so oft, vor dem Hauskommel sitzt und sich das meist angebotene Programm des Einblicks in fremder Leute Wohnungen[8] zu Gemüte führt, heißt das nicht, dass er sich über die dortigen Zustände belustigt oder echauffiert. Er lässt sich nur damit berieseln. Die Unterhaltung mit dem Alltäglichen verhütet innere Unruhe und Verwirrung. So lässt sich auch der fortwährende Erfolg dieser Sendungen erklären, obwohl sie eigentlich immer dasselbe bringen.
Auf der anderen Seite wäre der Jovianer durchaus auch an tagesaktuellen Neuigkeiten interessiert, und der Kommelrundfunk ist immer gern bereit, über solche zu berichten, aber Vorkommnisse dieser Art gibt es nun mal eher selten in Jupolis, und die Zuschauerschaft ist damit mehrheitlich ganz zufrieden. Selbst in Triebphasen, in denen frische, besondere Ideen grassieren, pausiert der Jovi gern zurückgezogen vor dem Kommel. Der Durchschnittsjovianer jedenfalls.

Nicht dass man nie hinauskäme aus seinem Kaff! Fast jeder und jede hat schließlich ein Mofa[9] und nutzt es auch. Oder sogar eine Schüssel[10]. Schüsseln sind nicht ganz so verbreitet wie Mofas, vor allem deshalb, weil man nicht immer weiß, wohin damit. Es gibt nicht genug Stellplätze für Schüsseln in Jupolis, so dass man sie oft ein paar Häuser weiter abstellen muss und anderntags womöglich suchen. Dieser Parkplatzmangel ist etwas, was die Jupolitaner[11] zunehmend wurmt. Aber auch hier finden kaum aktive Überlegungen statt, wie man das Problem beheben könnte. Sollte sich allerdings eines Tages unverhofft eine Möglichkeit anbieten, wird sie mit Sicherheit augenblicklich bestens umgesetzt.
Seine Ausflüge mit Mofa oder Schüssel bringen den Jovianer in andere Käffer oder auf die umgebenden Inseln, so dass er sich stets der Größe der Stadt und des Jupolis-Archipels[12] bewusst bleibt. Wobei wiederum Ausflüge in andere Stadtteile dazu dienen, dass er seine dort lebenden Freunde in Erinnerung behält.

Die Konzentration auf sein Kaff hat aber vermutlich auch stark mit dem arg begrenzten Personengedächtnis der Jovianer zu tun. Ein Personengedächtnis, wie wir Menschen es haben, ist geradezu phänomenal und für den Jovianer schlichtweg nicht vorstellbar. Jemanden, den er länger nicht getroffen hat, vergisst er schnell, d. h. bereits nach einigen Jahren. In seinem Kaff hingegen ist er von Nachbarn umgeben, die ihm dauerhaft vertraut bleiben, da man sich häufig sieht.

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[1] ^ Die Io, oft auch Heimat-, seltener Rumpelmond genannt, ist der innerste der vier größten, sog. Galileischen Monde des Jupiters. Von hier stammen die Jovianer ursprünglich.

[2] ^ Jupolis ist in sogenannte „Käffer“ unterteilt. Sie tragen Namen wie Blaubergkaff, Grünturmkaff, Lachlandkaff usw.; s. Die Stadt Jupolis in Band I.

[3] ^ Der Jovianer gilt zwar als nicht sonderlich ordentlich, aber als reinlich, zumindest was das Sauberhalten von Fenstern und Schwimmtellern[4] betrifft.

[4] ^ Schwimmteller: Die runde Scheibe, die im Stadtmeer[13] schwimmt, meist mit einem Haus[14] darauf.

[5] ^ Dudel sind die (einzigen) Haustiere der Jovianer.
Näheres s. Artikel Dudel des Kapitels Andere Lebewesen hier in Band II.

[6] ^ Würfel – egal aus welchem Material – gelten bei den Jovianern als Wertgegenstände.
Näheres s. Seite Der Würfel in Artikel Joval und Würfel in Band III.

[7] ^ Ein Würfelhaus ist ein Haus, in dem Würfel[6] aufbewahrt werden, eine Art Bank.
Näheres s. Seite Würfelhäuser in Artikel Joval und Würfel in Band III.

[8] ^ Obwohl der Kommel[15], technisch gesehen, weit mehr bietet, wird er fast nur noch als „Fernseher“ benutzt, und was an Sendungen dauerhaft geboten wird, sind Einblicke in Jovianerwohnungen, wobei dazu die dortigen Kommel als Kameras fungieren. Mehr dazu im Artikel Kommeltechnik in Band III.

[9] ^ Mofa: Das geflügelte Privat-Fluggerät der Jovianer zum Aufsitzen (s. Seite Das Mofa in Artikel Fliegzeug in Band III).

[10] ^ Schüssel: Das rundliche Privat-Fluggerät der Jovianer (s. Seite Die Schüssel in Artikel Fliegzeug in Band III).

[11] ^ Jupolitaner = Bewohner von Jupolis

[12] ^ Der Jupolis-Archipel ist die Inselgruppe im Offenen Ozean[16], innerhalb der sich die Stadt Jupolis befindet. Er ist das Thema von Band I.

[13] Als Stadtmeer wird der Teil des Dunklen Meers[17] bezeichnet, in dem Jupolis liegt (bzw. schwimmt).

[14] s. Artikel Das jupolitanische Haus in Kapitel Die Stadt Jupolis in Band I.

[15] Ein Kommel ist sowas wie unser Computer oder Fernseher oder beides, mit noch ein paar weiteren Funktionen, aber ohne Speicher.
Näheres s. Artikel Kommeltechnik in Band III.

[16] Der Offene Ozean ist der die Inseln des Jupolis-Archipels[12] weiträumig umgebende Grundlikör[18].

[17] Das Dunkle Meer ist der gesamte Grundlikör[18] innerhalb der Inseln des Jupolis-Archipels[12]; ein Teil davon wird als Stadtmeer[13] bezeichnet.

[18] „Grundlikör“ wird die Grundflüssigkeit inner- und außerhalb des Jupolis-Archipels[12] genannt, also des Offenen Ozeans[16] und des Dunklen Meers[17] einschließlich des Stadtmeers[13].

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