Band II

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JOVIANER: Trieb- und Knirschphasen:
Die Triebphase

Der Jammer hat erst wieder ein Ende, wenn die nächste Triebphase heraufdämmert. Es ist also nicht so, dass der Jovi eine Knirschphase insofern überwindet, dass der Schrecken mit der Zeit nachlässt, wie etwa der Kater nach einem Rausch. Ein „Normalzustand“, wie wir ihn anstreben würden, wird nicht erreicht.
Löst die nächste Triebphase die Knirschphase ab, geht wieder mal ein Ruck durchs Jovianerland. Vergessen ist die Bedrückung, vergessen die Besorgnis, die Sinnlosigkeit von allem. Jetzt gilt es anzupacken, denn große Ideen sind aufgekommen.
Es sind nicht Einzelne, die eine solche Massenmanie, wie sie jetzt das Volk überrollt, im stillen Kämmerlein ausgeheckt haben, sondern eine ganze Menge Jovis haben gleichzeitig dieselbe Idee. So, als hätte sie in der Luft gelegen, und man habe nur nach ihr greifen müssen. Und meist ist es nur eine Schnapsidee, wie wir sie nennen würden – dem Jovianer freilich ist es ernst. Ernst insoweit als er alles daransetzt, die Idee zu verwirklichen, nicht aber im Sinne von „tierischem Ernst“, denn an dieser Verwirklichung hat er seine Freude – ist er doch endlich wieder raus aus dem tiefen Tal der Zerknirschung.
In der Triebphase weiß der Jovianer wieder, was zu tun ist. Seine Welt ist nun wieder eine andere, man hat gemeinschaftlich etwas vor, verfolgt ein gemeinsames Ziel (auch dann, wenn keine Einigkeit über den Weg dorthin herrscht!), Begeisterung macht sich breit. Und sei es nur für eine lächerliche neue Mode – man beschäftigt sich intensiv damit und ist oftmals überzeugt, dass diese aktuellste Zeiterscheinung für immer Bestand haben und diesmal alles Künftige darauf aufbauen wird. Jedesmal aufs Neue, obwohl es letztlich nie so kam. Und immer genau bis zur nächsten Knirschphase.
Triebphasen enden von selbst wieder, unabhängig davon, wie groß gerade eben die Begeisterung noch war, als hätte eine höhere Macht beschlossen, dass nun aber wieder genug sei damit.
Es gibt nur ein einziges Phänomen, das als von außen kommender Auslöser einer Knirschphase vorkommt und eine Triebphase beenden kann: das Grünbergwummen[1]. Dieses Phänomen ist für die Jovianer als Volk noch relativ neu, da es auf der Io[2] dergleichen noch nicht gegeben hatte. Erst seitdem er auf dem Jupiter lebt, macht der Jovi die Erfahrung, dass die Euphorie auch durch unerklärliche äußere Umstände einen Dämpfer bekommen, ja sogar ein jähes Ende nehmen kann.

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[1] ^ Das Grünbergwummen, auch Bovianerwummen genannt, ist ein von den Grünen Bergen[3] ausgehendes akustisches Phänomen, das unregelmäßig alle paar Jupjahrzehnte[4] auftritt und Panik auslöst, obwohl es noch jedesmal ohne Folgen geblieben ist. Seine Ursache ist ungeklärt.
Näheres s. Das Grünbergwummen in Artikel Grünberginsel in Band I.

[2] ^ Die Io, oft auch Heimat-, seltener Rumpelmond genannt, ist der innerste der vier größten, sog. Galileischen Monde des Jupiters. Von hier stammen die Jovianer ursprünglich.

[3] Grüne Berge: Das Gebirge auf der Grünberginsel, Lebensraum der Bovianer[5].
Näheres s. Artikel Grünberginsel in Band I.

[4] Jupjahr nennen wir das Jahr nach jovianischer Zeitrechnung, ein Jupjahrzehnt umfasst dementsprechend 10 Jupjahre.
Ein Jupjahr entspricht dem Zeitraum nach 41,3 Erdentagen, ein Jupjahrzehnt also ca. 13,5 Erdenmonaten.
Näheres s. Artikel Zeit- und andere Rechnungen in Band III.

[5] Bovianer: Die fremden „Mitbewohner“ der Jovianer auf dem Jupolis-Archipel, ansässig in den Grünen Bergen[3]. Näheres s. Artikel Bovianer in Kapitel Andere Lebewesen hier in Band II.