zurück Zum Anfang Zum Ende weiter
ROLLERSAGEN DER ROMANTIK:
Der falsche Würfel
S.zurück1234567891011weiter

In einigen Fassungen der Sage diskutieren die beiden Herrn noch eine Weile, letztendlich jedoch kommt man überall zu dem Kompromiss, dass Engif den Würfel noch innerhalb der Burg übergeben werde, Bine jedoch schon draußen sein müsse, und ihr Mofa müsse startklar vor der Tür stehen. Weshalb Rukuk nun seine Frau vom Fenster weg bugsierte und sie sich auf den Weg machte, Bines weggeschlossenes Mofa aus dem Schuppen zu holen. Sie kam kaum zur Tür hinaus durch das Gedränge, Rufe wie „Was geht hier vor?“, „Worüber wird da verhandelt?“ und „Was sind das für Geschäfte?“ drangen herein.
Kaum stand das Mofa vor der Tür (das Volk hatte sich wieder etwas beruhigt und aufs Gaffen verlegt), trat Bine hinaus und stieg auf. Über ihren Anblick gerieten manche der Umstehenden in Verzückung, aber die meisten staunten nur, dass sie plötzlich hier aus dem Haus trat, wo sie doch keiner hatte hineingehen sehen.
Engif händigte nun drinnen dem Erpresser den falschen Würfel aus und trat dann ebenfalls heraus und bestieg sein Mofa. „Was ist hier los?“, hallte es von überall her, als Bine und Engif schweigend und nicht um sich sehend losknatterten. Hinter sich hörten sie noch Rukuk das Wort erheben und ausrufen:
„Ruhe, Leute! Ruhe! Ich habe Euch von großen Dingen zu berichten! Wir gehen ruhmreichen Zeiten entgegen, meine Freunde! Bunnt von Wolkenburg hat mir seinen berühmten Zauberwürfel geschenkt und gerade überbringen lassen! Er hat mich zu seinem Nachfolger erkiest!“

In einer Triebphase hätte er damit vielleicht ein „Hurra!“ hervorrufen können und die Leute hätten gedacht, dass sie sich wohl verhört hätten bei dem, was Engif ausgerufen hatte, bevor er die Schimpfburg betreten hatte, oder dass es ihnen falsch übermittelt worden sei. Man hätte sich sogleich eine rosige Zukunft ausgemalt und sich daran gemacht, sie zu gestalten.
Da aber nun mal Knirschphase war, überwog das Misstrauen, und das Gerücht, Rukuk habe Bine eingesperrt gehalten, um sich um den Würfel zu bereichern, konnte durch diesen einen Auftritt Rukuks und die Schenkungsbehauptung nicht aus der Welt geschafft werden. Allerdings hatten die Belagerer nun wieder Stoff zum Überlegen und Besprechen und ließen von Rukuk wieder etwas ab.
„Näheres morgen!“, verkündete Rukuk, und fügte noch lautstark hinzu, ehe er die Tür wieder zuschnappen ließ: „Was für ein Gedränge! Nicht zu fassen.“
Das erinnerte die Leute daran, dass man einander in Knirschphasen ja eigentlich eher mied und Abstand zueinander hielt. Und tatsächlich begannen sie sich daraufhin zu zerstreuen.

„Sagt an, mein Freund“, sagte Bine, als sie die Schimpfburg ein Stück weit hinter sich gelassen hatten, „die kleine Unwahrheit mit der verzögerten Wirksamkeit des Gegenzaubers, habt Ihr zu ihr gegriffen, um Rukuk und seine Frau für ihre Untat zu bestrafen?“
„Es gibt keine Strafe, köstliches Fräulein“, erwiderte Engif, „die ausreichte, die Ungebühr zu sühnen, Euch der Freiheit beraubt zu haben. Der Trick jedoch verschafft uns Vorsprung. Denn erst morgen werden sie gewahren, dass sie sich einen wirkungslosen Würfel eingehandelt haben. Alle misslungenen Versuche, des Gestreiften Balles[1] vorher wieder ansichtig zu werden, werden sie der noch nicht abgelaufenen Zwischenfrist beimessen.“

Und so war es auch: Während Engif und Bine rollten und rollten und rollten, verbrachten Rukuk und seine Frau die vierzig Stunden bis zur selben Zeit des nächsten Tags mit Warten darauf, dass der Würfel die Gegenformel akzeptiere. Sie experimentierten auch schon deutlich vorher damit herum, denn es hätte ja sein können, dass der Würfel es mit der Uhrzeit nicht so genau nähme, aber es funktionierte nicht. Und es funktionierte auch später nicht, als die Frist längst überschritten war.
Am Abend dieses nächsten Tages schließlich begriff Rukuk von Schimpfburg, dass er hereingelegt worden war, und er geriet darüber derart in Zorn, dass er die Stimmung der Leute draußen ganz vergaß, als er hinaustrat und rief: „Freunde! Die beiden, die gestern hier aus dem Hause traten, sind Schurken! Jupiterleugner und sonstige Verbrecher! Rollt los, fangt sie ein und bringt sie zurück, mit all ihrem Gepäck!“
„Soso!“, rief Flape.
„Verbrecher, aha!“, lästerte Flape.
„Möchte wissen, wer hier der Verbrecher ist!“, hieß es von Flape weiter hinten.
„Fahr doch selber!“, meinte Flape.
„Erpresser!“, schrie Flape.

Fehlstart

Fehlstart des Verfolgers    [G]

Rukuk, völlig außer sich, fegte eine Ladung Staub von seinem eingeparkten Mofa und saß auf. Er war etwas aus der Übung, das Mofa machte beim Start einen Satz, schwankte, kippte um, warf ihn ab, fand das Gleichgewicht wieder und rollte alleine weiter. Selten wurde in einer Knirschphase so gelacht wie damals an diesem Tag zu dieser Stunde am Fuß der Schimpfburg.
Wie jedes Mofa blieb aber auch dieses stehen, als es merkte, dass niemand mehr auf ihm saß. Rukuk holte es ein, sprang wieder auf und bretterte in die Nacht hinaus, mit aller Wut, die ein Iovianer empfinden konnte.

S.zurück1234567891011weiter

Zum Seitenanfang

[1] ^ Ein weiterer poetischer Beiname des Jupiters in den Rollersagen