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ROLLERSAGEN DER ROMANTIK:
Der falsche Würfel
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Obwohl Genauigkeit nicht zu den wichtigsten Elementen eines Rollerromans gehört, waren die Urheber und Nacherzähler der Geschichte vom falschen Würfel konsequent genug, Rukuk auf eine 224-tägige Reise geschickt zu haben, nämlich bis mitten in die Horizone[1] und wieder zurück. Dabei muss er mehrmals an einer Batzenhütte Rast gemacht haben, worüber wir allerdings nichts erfahren, denn nun geht es hurtig voran zu den beiden Enden, dem guten für die Guten, dem bösen für die Bösen.
In zwei, drei Fassungen der Sage holte Rukuk Bine und Engif tatsächlich noch ein, doch es kam nur zu einem kleinen Handgemenge, bei dem Rukuk, allein, ganz ohne Spießgesellen, naturgemäß den Kürzeren zog. Die anderen Versionen verzichten darauf – Rukuk holte Bine und Engif darin also einfach nicht mehr ein.
Aber weil er bis zur Horizone vorgedrungen war, hatte sich die Hexerei für ihn aufgelöst. In dieser Richtung stellt sich das so dar, dass man, von der Jupseite kommend, den echten Jupiter nicht untergehen sehen kann, weil man ihn überhaupt nicht sieht. Allerdings geht auf der Rückseite der Io der falsche auch nicht auf, weil in der Horizone der Zauber erlischt, außer für Phantänzer, und das war ja nun das Letzte, was Rukuk gewesen sein konnte.
Dass für ihn jupitermäßig nun alles wieder beim Alten war, merkte er also erst, als er die Verfolgung aufgab, umkehrte, und der Jupiter auf der ihm zugewandten Seite des Mondes wieder am Himmel emporkletterte, je näher Rukuk seiner Burg kam.
Sein Zorn hatte sich während der Verfolgungsjagd wieder vermindert, und so kehrte er nun mit einem Gefühl von „außer Spesen nix gewesen“ Richtung Lärmland zurück. Immerhin sah er ja den Planeten wieder, die Affäre war für ihn damit erledigt, aber den Versuch sei’s wert gewesen, sagte er zu sich selbst.

Ja, er war sogar guter Dinge während der letzten Tage seiner Rückfahrt. Denn gerade war die Knirschphase im Begriff, der nächsten Triebphase Platz zu machen. Und weil das, einigermaßen gleichzeitig, alle Iovianer betraf, kamen ihm schon eine ganze Menge fahrender Roller entgegen, die ihre Überknirschung beendet und sich wieder auf die Walz gemacht hatten. Den ersten davon pfiff er noch zu, doch sie pfiffen nicht zurück. Sie würdigten ihn keines Blickes. Was seine Laune nun wieder verfinsterte. Späteren Entgegenkommenden pfiff er nicht mehr zu, sie ihm ebensowenig.
Als er im Lärmland angekommen war, war es dort recht still geworden. Die letzten rollernden Gäste packten ihre Sachen.
Rukuks Frau, die den Jupiter immer noch nicht sah, da sie ja, im Gegensatz zu ihm, nicht inzwischen in der Horizone war, hatte den ganzen Unmut der Burggäste und Nachbarn abbekommen, wurde von keinem mehr beachtet und war furchtbar wütend auf ihren Mann. Sie verließ ihn wenige Tage später, hatte nur noch seine Rückkehr in der Hoffnung abgewartet, dass er den echten Zauberwürfel (denn einen solchen musste es ja geben, das wurde ihr jedesmal klar, als sie zum Himmel blickte) erbeutet hätte.
Selbst die im Lärmland sesshaft gewordenen Ex-Roller, allesamt auch nicht gerade von der edelsten Sorte, verachteten Rukuk jetzt, und zwar dafür, dass er sich durch einen so simplen Taschenspielertrick hatte hereinlegen lassen. Von Rukuks hohem Ansehen war nichts, aber auch gar nichts mehr übrig, da half keine Würfelsammlung mehr. Von dieser soll ihm übrigens der zurückgekehrte Flape, der „grobschlächtige Kerl“, der die Forderung zur Wolkenburg gebracht hatte, auch noch einen Sack voll geraubt haben.

Das Lärmland hieß weiterhin Lärmland, aber den einzigen Lärm lieferten noch die Streitereien zwischen Rukuk und den letzten ehemaligen „Festgästen“. Von durchreisenden Rollern wurde die Schimpfburg niemals mehr besucht. Man fuhr nun vermehrt wieder exakt auf der Äquatorroute, aber man machte nicht mehr Halt.

Jede Menge Lärm einer ganz anderen Art war aber auf der gegenüberliegenden Seite des Mondes kurzzeitig aufgekommen. Im Phantänzerland, auf einem Fest, diesmal einem richtigen, nämlich anlässlich der Familierung[2] von Bine von Wolkenburg und Engif von Schwefelquell. Quer durch alle Versionen der Geschichte, wenn auch unterschiedlich ausgeschmückt.

Familierungsfest

Das unverzichtbare Abschlussfest anlässlich der Familierung von
Bine und Engif    [G]

Engif und Bine wurden unglaublich glücklich miteinander. Sie rollerten noch viele, viele Jahre gemeinsam auf dem Mond herum, bis sie einparkten und selbst ein Burg hochzogen: die Quellwolkenburg an der halbjupseitigen Polroute, kurz vor dem Land Bo, von Norden aus gesehen.
Die zugehörige Batzenhütte wurde schnell zum beliebtesten Anfahrtsort auf dem gesamten Mond, denn nirgendwo schmeckten die Batzen so gut, wie wo man beim Verzehr Bines Anmut bewundern und ihr und Engif beim Plaudern lauschen konnte.

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[1] ^ Wie auf S. 2 bereits erwähnt: Die Horizone ist der Streifen zwischen der Jupseite und der Gegenjupseite.

[2] ^ Jovianer heiraten nicht (wie auf S. 1 schon angemerkt), sondern „familieren sich“, was in etwa unserer Verlobung entspricht.