Brunnentor
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Die Tücken eines Umzugs

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    Als alles geschafft war und Lia Rumu beim letzten Flug wieder mit dem Mofa gefolgt war, kamen Abi­rei und Heck doch noch einmal zur Sprache.
    »Ich muss dir was sagen, Rumu«, begann Lia. »Kann sein, dass ich aussteige.«
    »Aussteigen? Wo?«
    »Bei den Stillen Beobachtern.«
    »Was?! Nicht doch! Warum denn das?«, fragte Rumu bestürzt. Sie saßen und aßen am bereits unter dem Batzenspender zentrierten großen Tisch auf zwei der ebenfalls bereits darum gruppierten Sitzen. »Der sieht neuer aus als der bei mir daheim«, hatte Lia schon beim ersten Blick auf den Batzenspender festgestellt.
    »Ich bin sehr enttäuscht von den anderen beiden«, erklärte sie, »und dermaßen wütend, ich kann dir gar nicht sagen, wie. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder ohne Groll mit denen in einem Raum sitzen kann.«
    Rumu schwieg einen Moment lang.
    »Bist du sicher, dass du da nicht etwas überbewertest?«, fragte er dann.
    »Weiß ich nicht«, antwortete Lia. »Empfinde ich halt so. Das sind Schwätzer, alle beide, keine Freunde. Freunde erkennen, wo es was zu helfen gibt und stehen nicht bloß rum und gackern, während die anderen schuften. Freunde bemühen sich, den anderen Arbeit abzunehmen und beschränken sich nicht darauf, sie mit Gelaber zu begleiten und beim ersten und einzigen Handgriff Schaden anzurichten – und dann auch noch herumzufeilschen, wenn es darum geht, ihn wieder gutzumachen.«
    Rumu dachte wieder kurz nach.
    »Mein Zorn ist inzwischen wieder verraucht«, sagte er anschließend. »Im Prinzip hast du schon recht, aber sieh’s auch mal so, Lia: Der Begriff ›Freunde‹ ist relativ. Ich denke, es gibt da verschiedene Arten, je nach dem, was man miteinander bereden oder anstellen kann. Und als Stille Beobachter und Betreiber des Dritttagskanals sind wir doch durchaus Freunde, nicht? Da stehen wir zusammen und ziehen an einem Strang. Oder?«
    Lia sagte nichts.
    »Grenzt es nicht geradezu an ein Wunder, was wir da gemeinsam und fast ohne handfeste Meinungsverschiedenheiten auf die Beine stellen? Da ist doch wohl absolut Verlass auf jeden von uns, meinst du nicht? Dass man unter anderen Umständen viel weniger miteinander anfangen kann, wie sich heute gezeigt hat, fällt dabei nicht so ins Gewicht, dass man gleich gar nichts mehr miteinander zu tun haben wollen sollte, finde ich. So ein Umzug und dergleichen ist nun mal was anderes. Da sehen manche die Arbeit, und andere können drüber stolpern und sehen sie immer noch nicht. Die größten Tücken eines Umzugs sind nun mal die Helfer und ihre Vorstellungen von Hilfe. Das fängt damit an, dass die einen meinen, Hilfe sei schon genug geleistet, wenn man sich ankündigt, selbst wann man vorher wieder absagt, oder, wie der eine in meinem Fall, nicht einmal absagt, sondern einfach nicht …«
    »Ach ja! Muss ich dir ja noch sagen!«, rief Lia aus. »Dieser Freund von dir, der ist schon noch gekommen. Kurz vor der letzten Beladung war das.«
    »Ah so? Na toll.«
    »Ich soll dich von ihm grüßen, hab ihn aber gleich wieder weggeschickt.«
    »Gut gemacht.«
    »Mit dem Kommel.«
    »Wie … mit welchem … ach, mit dem kaputten Kommel?«, fragte Rumu. »Den hast du ihm mitgegeben? Da war ich ja gar nicht mehr drinnen, glaube ich, oder doch, aber ich habe gar nicht beachtet, dass der … Und er hat ihn mitgenommen und bringt ihn zur Senke?«
    »Ja«, bestätigte Lia. »Ist ihm irgendwie am Ende nichts anderes übriggeblieben.«

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