Brunnentor
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Volkszählung

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    »Gewichtung des Ansehens?«, fragte Abirei verdutzt. »Was meinen Sie damit?«
    »Nun, sehen Sie«, antwortete Frau von Randsaum, »jeder hat doch so sein Ansehen, nicht? Also es gibt Höchstangesehene und Hochangesehene, es gibt Leute mit niedrigem Ansehen und solche, die, für einen gewissen Zeitraum jedenfalls, über gar kein Ansehen mehr verfügen, weil sie sich etwas haben zuschulden kommen lassen, Verbrecher also. Nicht? Aber was ist dazwischen? Die meisten Jovis sind irgendwie dazwischen, nicht? Also ich zum Beispiel bin keine Hochangesehene, geschweige denn Höchstangesehene, bin aber auch weit davon entfernt, mein Ansehen für niedrig zu halten. Wo steh ich nun? Wo stehen die meisten Leute von Jupolis, ob jung oder alt, Frau oder Mann? Habe ich mehr Ansehen als die Jovis meiner Umgebung oder weniger? Also, ich meine, da müsste allmählich mal eine Einstufung vorgenommen werden, nicht? Nicht? Das fände ich eine viel verdienstvollere Aufgabe als nur die Anzahl zu vermitteln, verstehen Sie?«
    »Das … das wird aber schwierig«, sagte eine völlig überrumpelte Abirei, die auf eine solche Lawine von Abschweifung nicht vorbereitet war. Auch Rumu und Heck, die abseits des Sendekommels mit im Raum waren, während Lia im Nebenraum wieder am Reaktionskommel saß, sperrten Maul und Augen auf. Im Vorgespräch hatte die Dame kein Wort von alledem gesprochen, war Abirei, Heck und Rumu nicht einmal »komisch« vorgekommen. Ganz offensichtlich hatte sie abgewartet, bis sie auf Sendung war. Die beiden Kinder hockten eher gelangweilt da, solcherlei Spitzfindigkeiten begriffen sie noch nicht.
    »Also, ganz einfach wird es nicht, das gebe ich schon zu«, sprach Frau von Randsaum weiter, aber schwierig? Ich weiß nicht. Ich habe mir dazu schon meine Gedanken gemacht. Man könnte das Ansehen einer jeden Person auf einer Skala von 1 bis 13 einordnen, 1 sind dabei diejenigen fast ohne Ansehen – das heißt, ganz ohne Ansehen, also null, ist ja ohnehin keiner, nicht einmal der Verbrecher, denn der genießt ja immer noch bei seinen Verbrecherkollegen einen gewisse Achtung, nicht? Glaub ich mal, kenne selber keine solchen Leute.«
    »Nun gut«, unternahm Abirei einen Versuch, aufs Thema der Sendung zurückzukommen, »das wäre dann eine Aufgabe für sich und für die Zukunft. Wir allerdings fangen jetzt erst mal mit der Anzahl der Jupolitaner an, ungeachtet des …«
    »Und 3 wären diejenigen mit geringem Ansehen«, redete Frau von Randsaum unbeirrt weiter, »und die 2 steht für irgendwas dazwischen. Die 13 wären natürlich die Höchstangesehenen, 11 die Hochangesehenen, 12 wieder irgendwas zwischendrin«.
    »Fragen wir mal die Kinder«, versuchte Abirei den Redefluss der Dame erneut zu hemmen, »würde Euch das interessieren?«
    »Nicht so«, antwortete brav die kleine Billa.
    »Ich bin kein Kind mehr«, sagte hingegen Fring.
    »Oh, Verzeihung, Sie sind kein Kind mehr?, fragte Abirei.
    »Nein«, sagte Fring.
    »Verblieben also die 4 bis 10«, plapperte die Erwachsene ungebremst, »4 und 10 sind wieder irgendwas zwischen 3 und 5 beziehungsweise 9 und 11. Überhaupt steht immer eine Zahl dazwischen; das ist so, weil es viele Fälle geben wird, in denen man sich nicht für die eine oder andere Stufe entscheiden kann, dann nimmt man eben die Zwischenzahl. Festzulegen wären also nur die Bedeutungen von 5, 7 und 9. Und das kann ja nicht so schwer sein, nicht? Nicht?«
    »Haben Sie etwas mit Mathematik zu tun?«, schob Abirei in die halbe Sekunde ein, die Frau von Randsaum Pause machte.
    »Nein, warum?«, fragte die Angesprochene, und ihr unsteter Blick verriet, dass sie sich von Zwischenfragen dieser Art gestört fühlte, während Abi­rei ernsthaft hoffte, sie damit zu stoppen.
    »Was machen Sie denn so zur Zeit?«, fragte Abirei denn auch hastig nach.
    »Mal dies, mal das, und viele Gedanken«, sagte Frau von Randsaum schnell.

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