Brunnentor
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Volkszählung

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    Letzten Endes kam man zu dem Schluss, dass der einzig gangbare Weg der sei, mit den beschränkten Möglichkeiten eines kleinen Kanals zu versuchen, möglichst viele Freiwillige dafür zu begeistern, dass sie ein bestimmtes Kontingent von Häusern ihrer Umgebung abklappern und die Anzahl derer Bewohner feststellen.
    »Wobei die Gesamtzahl dieser Häuser dann aber für die bauliche Gesamtheit der gesamten Stadt einigermaßen repräsentativ sein müsste«, betonte Heck.
    »›Für die bauliche Gesamtheit repräsentativ‹?«, plapperte Abirei nach. »Red Klartext, Mann.«
    »Na ja, ich meine, wir können nicht in der Altstadt und im Reihen- und Doppelhauskaff herumzählen lassen, wo es eine Menge kleiner Häuschen gibt, und das Ergebnis dann auch auf Gegenden mit vielen Großhäusern umlegen«, erklärte Heck, »das muss schon so gemischt sein, dass das Verhältnis von Klein- zu Großhäusern ungefähr dasselbe ist wie in Jupolis insgesamt, sonst stimmt das hinten und vorne nicht. Aber gut, das müsste dann mit unseren Freiwilligen, ich nenn sie jetzt mal ›punktuell-regionale Populationszähler‹ genau abgestimmt werden.«
    »›Punktuell-regionale Populationszähler‹!«, rief Abirei spöttisch lachend aus. »Himmel hilf! Unser Heck heute wieder mal in Höchstform! Ich würde sie einfach ›Jovizähler‹ nennen.«
    Das fanden auch Lia und Rumu besser. Lia mahnte noch an, dass man sich deren Tätigkeit nicht zu einfach vorstellen solle. Man könne zum Beispiel nicht einfach in ein Großhaus hineinspazieren und fragen, »wie viele Leute wohnen denn hier?«. Das wisse da keiner. Man müsse von Stockwerk von Stockwerk jede einzelne Wohnung aufsuchen und diese Frage stellen. Wobei man in der Hälfte der Fälle wahrscheinlich gerade niemanden antreffen werde und sicherlich mehrmals wiederkommen müsse.
    »Und das darf man diesen Jovizählern vorher nicht verschweigen«, sagte sie. »Sonst sind die garantiert nicht lange dabei. Überhaupt sehe ich da ziemlich schwarz. Also dass wir genügend Leute finden. Ich bin, ehrlich gesagt, nicht besonders begeistert von der Idee. Tut, mir leid, Rumu. Vielleicht doch besser gar nicht erst anfangen damit.«
    Sie sah, dass Rumu etwas enttäuscht dreinblickte. »Aber ist ja nur meine Meinung, also nur eine von mehreren«, ergänzte sie deshalb.
    So richtig begeistert waren auch Heck und Abirei nicht, aber sie fanden, probieren könne man es. Und wenn sich genügend Freiwillige fänden, so um die zwanzig, dreißig Leute, führe man es durch und sonst eben nicht. Und dabei blieb es für heute.

*

    »Hallo Jupolis«, trällerte am folgenden Dritttag eine betont hoffnungsfrohe Abirei in den Sendekommel im Brunnentor, »hier ist der Dritttagskanal der Stillen Beobachter, der Kanal der Information, der gepflegten Unterhaltung und des stetigen Dazulernens, hier sind Sie richtig, meine Damen und Herrn. Und heute ist der Tag, an dem wir – nicht ganz ohne Stolz – etwas anstoßen, was das Verhältnis der Jupolitaner zu ihrer Stadt nachhaltig verbessern wird. Seit geraumer Zeit beobachten wir im Stillen, dass die meisten von uns es großartig fänden, wenn endlich einmal bekannt würde, wie viele wir eigentlich überhaupt sind. Wie viele Jovianer gibt es? Wie viele Einwohner hat Jupolis? Es gibt wohl kaum jemanden, der sich das noch nie gefragt hat. Und niemand hat je eine konkrete Antwort darauf erhalten. Das ändert sich jetzt. Der Dritttagskanal wird diese Antwort liefern. Sie staunen mit Recht – wobei unsere Stammzuschauer ja nichts anderes gewöhnt sind von uns als das Außergewöhnliche.
Diesmal allerdings brauchen wir dazu Ihre Hilfe. Wir brauchen noch ein paar Mitbürger, die bereit sind, ein paar Häuser in ihrer Gegend aufzusuchen und die Zahl derer Bewohner festzustellen. Diese Tätigkeit ist nicht schwierig und die Anzahl der zu besuchenden Häuser hält sich für jeden in Grenzen, aber wir verschweigen nicht, dass Sie dennoch ein paar Stunden damit beschäftigt sein werden. Wenn Sie dazu bereit sind, diesen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten, der sowohl für die Jomitproduktion als auch für den Batzenbedarf und für vieles andere von Bedeutung ist, melden Sie sich bitte hier bei uns im Brunnentor. Vielen Dank!«
    »Woher hattest du denn das mit der Jomitproduktion und dem Batzenbedarf?«, fragte Rumu anschließend belustigt.
    »Ist mir grade so eingefallen«, verriet Abirei, »ich konnte ja schlecht sagen: Damit verhelfen Sie uns zu Ruhm und Ehre.«

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