Brunnentor
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Volkszählung

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    Rumu war sehr stolz auf seine Idee, man sah es ihm an.
    »Also«, begann er, »dann erläutere ich das mal. Angedeutet hatte ich’s ja letzte Woche schon, dass ich da was in petto habe. Es geht um ein Großprojekt, mit dem wir ganz groß rauskommen werden. Also diesmal wirklich.«
    Abirei, Lia und Heck sahen sich schmunzelnd an.
    »Ja, ihr guckt wieder so spöttisch, sprach Rumu weiter, »aber ihr werdet schon sehen. Der Dritttagskanal wird sich damit so richtig einen Namen machen, wir werden spätestens dann als hochseriöse Quelle gelten, den städtischen Kommelfunk weit hinter uns lassend, und Jupolis wird sich einig sein darüber, dass wir zwar manchmal ein bisschen Faxen machen, insgesamt aber doch ein Born der Erkenntnis für die ganze Stadt sind. Unsere Zuschauerschaft wird sich verdoppeln, verdreifachen, vervielfachen, man wird begeistert sein und uns viel Bewunderung zollen für diese geniale Unternehmung.«
    Für einen Augenblick herrschte abwartendes Schweigen im Brunnentorstübchen.
    »Und worum handelt es sich?«, fragte Heck schließlich nüchtern, da keine weitere Erläuterung gekommen war.
    »Ach so, ja«, sagte Rumu, »also, die Sache ist die, wir werden eine uralte Frage endlich beantworten. Die Frage: ›Wie viele Einwohner hat Jupolis?‹«
    Nur Lia reagierte. »Aha«, sagte sie.
    »Versteht ihr? Wir machen eine Volkszählung!«, erklärte Rumu.
    »Aha«, wiederholte Lia.
    »Hm«, machte Heck, »hm, ja … na ja, und – das ist das Großprojekt?«
    »So ist es«, bestätigte Rumu zufrieden.
    »Verstehe«, sagte Abirei.
    Heck blickte mit schräggestelltem Kopf zu ihr rüber. »Du verstehst?«, fragte er.
    »Na klar«, gab sie sich naiv, »wir schwärmen einfach aus und zählen die Leute von Jupolis ab.«
    »Das klingt mir jetzt aber ein bisschen arg ironisch«, sagte Rumu.
    »Auf dein Gehör kannst du dich absolut verlassen«, entgegnete Abirei und zog den Mund breit.
    »Erkennt ihr denn nicht die Bedeutsamkeit des Vorhabens?«, hob Rumu an. »Keiner weiß bisher, wie viele Leute in der Stadt leben, also auch nicht, wie viele Jovianer es überhaupt gibt. Keiner hat auch nur die leiseste Ahnung, keiner hat sich je darum gekümmert. Und doch würde es jeder gern wissen. Wir finden es heraus!«
    Die anderen drei sahen sich wieder an.
    »Na ja, also, hm, nein, ich weiß nicht«, zweifelte Heck, »ich meine, interessant zu erfahren wär’s vielleicht schon, aber ob es wirklich ›jeder gern wissen würde‹? Ist es nicht vielmehr den allermeisten völlig egal?«
    »Mich würde eher das Durchschnittsalter interessieren«, sagte Abirei, »und zwar am besten nach Männlein und Weiblein getrennt.«
    »Sicher wäre auch das wissenswert, Abi«, sagte Rumu, »aber konzentrieren wir uns doch erst mal auf die Einwohnerzahl.«
    »Das Alter könnte man doch gleichzeitig abfragen, oder etwa nicht?«, insistierte Abirei. »Wenn nein, warum nicht?«
    »Wie soll die Erhebung denn vonstattengehen?«, fragte Heck. »Ich sehe da gewaltige Schwierigkeiten drin, denn mit ›Ausschwärmen und die Leute abzählen‹ kommen wir zu viert bestimmt nicht weit.«
    »Das war doch nur Spaß, du Simpel«, lachte Abirei.
    »Weiß ich schon, ja, war mir schon klar«, grinste Heck zurück und fuhr dann ernst fort: »Eine Möglichkeit wäre, die Häuser zu zählen und von einer bestimmten Anzahl davon auch die Bewohner darin, und daraus wird dann die durchschnittliche Bewohnerzahl pro Haus ermittelt und auf die Gesamtzahl der Häuser hochgerechnet.«
    »Das könnte man dann doch auch gleich mit dem Durchschnittsalter so machen«, meinte wieder Abirei.
    »Könnte man, ja, schon, könnte man theoretisch«, stimmte Heck unwillig zu.
    »Theoretisch? Was meinst du mit ›theoretisch‹?«, schien Abirei mit funkelnden Augen wieder mal auf eine Endlosdiskussion einschwenken zu wollen, bekam aber keine Antwort.

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