Brunnentor
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Der Fall Würfelhaus 4

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    »Ja, so was gibt’s«, bestätigte Abirei. »Kannte auch mal so jemanden. Ist für andere nur schwer zu ertragen. Auf einen Schlag muss alles stehen- und liegengelassen werden, weil jemand jetzt extrem dringend essen muss. Aber wie man das nennt, wusste ich bisher nicht. Wie war das? Jähhunger?«
    »Genau«, sagte Pli. »Glaub ich mal. Aber ich weiß nochmal etwas genauer inzwischen. Erstens: Die Direktorin habe uns wirklich sofort gerufen, sagt sie, sie habe den Raub keineswegs erst nach einer Weile entdeckt, sondern sei sofort in die Tresorräume gegangen, um sich zu vergewissern, dass wirklich nichts passiert sei. Wovon sie da noch ausging. Zweitens: Als die ersten meiner Kollegen drüben eingetroffen waren, haben sie gestaunt, dass es von den Großhäusern her keinerlei Interesse an ihnen gegeben hat. Erst etwas später, als andere von uns nachkamen, seien welche aus den Häusern gekommen oder zumindest an den Fenstern erschienen. Insofern kein Wunder, als die Sache genau zur Mittagszeit geschehen ist, aber ich hätte nicht gedacht, dass die alle so pünktlich zu Mittag am Batzentisch sitzen oder ihr Nickerchen machen. Ja, und da sei ein älteres Paar gewesen, das meinte, durchaus etwas gesehen zu haben, was aber wahrscheinlich nichts mit dem Raub zu tun habe. Da seien zwei Männer mit schwarzen Säcken auf dem Rücken fröhlich entlanggeschlendert – geschlendert, wohlgemerkt, nicht gesprintet –, und sie hätten sich nebenbei unterhalten, auch gelacht. Seien aber eher Handwerker oder Lieferanten gewesen, denn ihre Säcke hätten sehr leicht ausgesehen, also Würfel seien da gewiss nicht drin gewesen. Das ist allerdings dann auch schon wieder alles.«

    Erst nachdem sich Pli verabschiedet hatte, weil es vorerst keine weiteren Fragen mehr gegeben hatte, fiel den anderen ein, dass sie zu fragen vergessen hatten, was sie denn von alledem senden dürften.
    »Na ja, nun gut, was soll’s, macht nichts«, sagte Heck, »da kann bis zu unserer Sendung, also bis übermorgen, ohnehin noch dies und das passieren, da reicht es, wenn wir das kurz vorher erfahren.«
    »Stimmt«, bestätigte Rumu, »bis dahin können wir uns ja unsere eigenen Gedanken zum Tathergang machen. Das können wir schließlich auch tun, ohne sie nachher zu verbreiten.«
    Dass jemand eine Möglichkeit gefunden haben könnte, die Beute vor dem Pfeilsignal zu verstecken, also dass es eine Örtlichkeit innerhalb des Archipels geben könnte, wo es nicht hinreichte, war jedem irgendwie eingefallen. Aber diese Vorstellung war zu vage, um überhaupt formuliert zu werden, oder es fiel einem gleich anschließend etwas ein, was gründlich dagegen sprach. Fest stand nur: Die Würfel konnten zwar nicht geortet werden, aber irgendwo mussten sie verblieben sein. Und das Ungewöhnlichste an der Sache war vor allem das mit der Arbeitsverweigerung der Geräte und das mit der Kürze der Zeit, in der sich alles abgespielt hatte.
    »Hm, mal überlegen, ein Haufen Würfel innerhalb weniger Minuten spurlos verschwunden. Die Direktorin hat unmittelbar nachdem sie mit den Batzen zurückgekommen war – beziehungsweise mit der bereits geleerten Schale – die Jupolizei gerufen, und die ist ja auch garantiert in kaum ein paar Sekunden losgeflogen. Sie hatte gute Chancen, die Täter auf der Flucht noch zu erhaschen, hätte sie auch nur etwas Verdächtiges gesehen, zum Beispiel eine flüchtende Schüssel«, fasste Heck zusammen.
    »Ich würde sagen«, murmelte Lia, »die sind zu Fuß abgehauen.«
    »Du meinst, es waren die beiden fröhlichen Männer mit den leichten Säcken?«
    »Weiß ich nicht. Vielleicht eher nicht, denn Säcke voller Würfel müssen ja wirklich enorm schwer sein.«
    »Ja, eben«, sagte Abirei, »damit kommt man nicht so gut voran, höchstens bis zur nächsten Schüssel. Und zwei Männer mit Säcken brauchen ja sogar zwei Schüsseln, weil die Nebensitze von den Säcken beansprucht werden.«
    Und wenn sie zu Fuß gewesen wären, wären sie doch Gefahr gelaufen, der Direktorin zu begegnen, gab Rumu zu bedenken, aber Lia entwickelte ihre These dahingehend weiter, dass die Täter doch gewusst haben müssen, in welche Richtung sie sich entfernen würde, sollte sie sich tatsächlich dazu entschließen. Denn das hätten sie mit der Sabotage des Batzenspenders doch so eingerichtet. Und dass sie genau zu dieser nächstgelegenen Batzenbude gehen würde, war vorauszusehen, sie musste schließlich schnellstmöglich zurück sein, durfte sie doch ihren Posten nicht verlassen, sonst wäre sie ihre Stellung los gewesen.
    »Das ist sie jetzt wahrscheinlich auch so, trotz aller Eile«, warf Abirei ein.

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