Band I

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DIE STADT JUPOLIS: Industrie:
Ein Hosenguss

Sehen wir uns einmal beispielhaft die Anfertigung einer Jovianerhose an. Wie alles in der jovianischen Industrie wird sie nur auf Bestellung produziert. Der Besteller kann die Anfertigung auch selbst vornehmen – das Jomitgießen ist kinderleicht, und es gibt kaum jemanden, der es nicht sofort versteht. Wie der Jovianer ja überhaupt ein Meister im Verstehen praktischer Anwendungsmöglichkeiten ist.
Herr von Jupolis[1] braucht also eine neue Hose. Er ist älter geworden und empfindet seine bisherige als zu kurz.

Hosenguss

Eine Hose wird gegossen    [G]

Es wird ein Doppelzylinder gegossen, der oben in einen Kugelabschnitt übergeht. Am oberen Rand (am Bund) wird noch etwas Steigstoff hinzugegeben, das ist ein Gas, das nach oben strebt und dafür sorgen wird, dass die Hose unten am Wanst verbleibt und nicht herunterrutscht. Bei der Rock- und Hosenherstellung muss deshalb (ebenso wie beim Gießen bestimmter Fliegzeugteile) darauf geachtet werden, dass das Produkt sich nicht aus der Form löst und von selbst nach oben steigt – dies aber nur in der Zeit der Erwärmung während der Erstarrung. Denn im fertigen Zustand wird Herrn von Jupolis’ Hose nur dann einen Hang zum Fliegen verspüren, wenn sie am Körper sitzt. Es ist die Körperwärme, die den Steigstoff aktiviert, ihn also zu dem macht, wie er heißt. Ohne Körperwärme unterliegt er wie alles andere der Schwerkraft. Wäre dem nicht so, würden am Himmel über Jupolis überall die unbeaufsichtigten Kleider herumfliegen.
Derselbe Steigstoff ist in den Sitzen von Schüsseln[2] und Mofas[3] enthalten. Auch hier bleibt er wirkungslos, solange er nicht mit Körperwärme in Berührung kommt. Setzt sich aber jemand darauf, wird er aktiv, und so kommt es, dass ein mit zwei Personen besetztes Fliegzeug sich nicht schwerfälliger erhebt als ein nur mit einer Person besetztes, denn dann zieht es ja auch beide Sitze gemeinsam nach oben.
Steigstoff hat des Weiteren eine balancehaltende Eigenschaft. Diese wird in den „Flügeln“ der Mofas und der Schubkarre[4] der Buntbergbauern[5] genutzt, die dadurch ohne Ständer auskommen und nicht umfallen.

Formentnahme

Entnahme aus der Form    [G]

Nachdem der Hosenguss wieder erkaltet ist und aus der Form genommen wird, steht Herrn von Jupolis’ Hose, obwohl hauchdünn, zunächst hart wie ein Brett auf dem Fertigungstisch. Jetzt muss abgewartet werden, bis sie in sich zusammenfällt, womit sie sagen will: Jetzt bin ich weich, prêt à porter, fertig zum Tragen.

Die Färbung der Hose hat entweder schon beim Guss stattgefunden (hier ist allerdings nur Einfarbiges oder Gesprenkeltes oder ein Farbverlauf möglich), oder wird jetzt nachgeholt, bevorzugt noch in steifem Zustand, da sich ein Muster so am leichtesten auftragen lässt. Die Starrzeit kann hierfür durch Kühlung verlängert werden. Nicht selten freilich wird auch die Weichfärbung bevorzugt, die jeder wahlweise noch direkt im Industriekomplex, in der Färberei[6] oder bei sich zu Hause bewerkstelligen kann.
Mit dem neuen Rock für Frau von Jupolis läuft alles genauso ab, nur noch ein bisschen unkomplizierter, da Röcke nun mal einfachere Formen haben und leichter zu bemalen sind.

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[1] ^ „Herr/Frau von Jupolis“ gilt im jovianischen Sprachgebrauch als Allerweltsname und entspricht etwa unserem „Herr/Frau Mustermann“ oder „Otto Normalverbraucher“.

[2] ^ Schüssel: Das rundliche Privat-Fluggerät der Jovianer (s. Die Schüssel in Artikel Fliegzeug in Band III).

[3] ^ Mofa: Das geflügelte Privat-Fluggerät der Jovianer zum Aufsitzen (s. Das Mofa in Artikel Fliegzeug in Band III).

[4] ^ Die Schubkarre ist ein von den Buntbergbauern[5] benutztes Gerät zum Transport der Ernte vom Feld zum Tiefsilo[7] (s. Bild in Anbau in Artikel Lebensmittelversorgung hier in Band I.

[5] ^ Buntbergbauern: Die fleißigen und hochgeschätzten Bewohner der Buntberghöfe (s. Buntberghöfe in Artikel Buntberginsel hier in Band I), die die Stadt ernähren.

[6] ^ „Färberei“: Das türkise Haus im Neuen Zentrum[8]. Hier fand in der Allzeit[9] Malerei statt.
Näheres s. Färberei in Artikel Das Neue Zentrum des Kapitels Erdphantasien der Allzeit in Band V.

[7] In die Tiefsilos an der Küste der Buntberginsel[10] werden die Feldfrüchte[11] zum Abtransport zu den Sudhäusern[12] eingefüllt.
Näheres s. Artikel Lebensmittelversorgung hier in Band I.

[8] „Neues Zentrum“: Stadtteil am nordöst/GWlichen[13] Rand von Jupolis mit architektonisch außergewöhnlichen Häusern, errichtet im Übergang von der Erdphantasien- zur Kulturausübungs-Etappe der Allzeit[9].
Näheres s. (zur Entstehung:) Die Entstehung des Neuen Zentrums in Artikel Allzeit in Band IV, bzw. (Beschreibung der Häuser:) Artikel Das Neue Zentrum in Kapitel Erdphantasien der Allzeit in Band V.

[9] Die Allzeit war eine aus drei ineinandergreifenden Teil-Triebphasen[14] bestehende Epoche, in der sich die Jovianer mit dem Weltall, Erdphantasien und kulturellen Experimenten befassten. Näheres s. Artikel Allzeit in Band IV.

[10] Buntberginsel: Die Großinsel im Süden des Jupolis-Archipels[15], auf der die Bunten Berge[16] stehen.
Näheres s. Artikel Buntberginsel hier in Band I.

[11] Unter Feldfrüchten versteht man alles, was auf den Feldern der Buntberghöfe wächst und sich zu Batzen[17]-Zutaten verarbeiten lässt.
Näheres s. Artikel Lebensmittelversorgung hier in Band I.

[12] Sudhäuser sind die Gebäude, in denen die Feldfrüchte[11] zu Batzen[17]-Zutaten verarbeitet werden.
Näheres s. Sudhäuser in Artikel Lebensmittelversorgung hier in Band I.

[13] GWlich = gegenwestlich (s. Artikel Die sechs Himmelsrichtungen in Band III).

[14] Trieb- und Knirschphasen: Die kollektiven Stimmungsschwankungen der Jovianer.
Näheres s. Artikel Trieb- und Knirschphasen in Band II.

[15] Der Jupolis-Archipel ist die Inselgruppe, innerhalb der sich die Stadt Jupolis befindet. Er ist das Thema dieses gesamten Bandes. Eine Karte des Archipels findet sich ganz am Anfang.

[16] Bunte Berge: Das „Gebirge“ auf der Buntberginsel[10], das in Wirklichkeit gar keines ist.
Näheres s. Bunte Berge in Artikel Buntberginsel hier in Band I.

[17] Batzen sind die Hauptspeise der Jovianer; s. Artikel Lebensmittelversorgung in Band I sowie Ernährung in Band II.

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